Show MenuHide Menu

Außerplanmäßiger Bericht Mai 2015

16. Mai 2016

Taten statt Worte

1979 – 2016

Liebe Freunde und Förderer unserer Projekte,
mehrere außergewöhnliche und darum zeitnah berichtenswerte Ereignisse, zwei gute und ein tragisches, sind der Grund dieses außerplanmäßigen Schreibens. Ich beginne mit den guten.
Vor einigen Wochen bereiste eine deutsche Regierungsdelegation unter Leitung des parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Herrn Hans-Joachim Fustel, und neun hochrangigen Begleitern, darunter dem Leiter für Lateinamerika der Konrad Adenauer-Stiftung, dem Chefjuristen der Christoffer-Blindenmission, dem deutschen Botschafter und anderen unter anderen lateinamerikanischen Ländern auch Guatemala. Von der Botschaft wurden sie zu einem Besuch bei unsrerem Partner, CAINIMA, eingeladen. Laut unserem Partner muß dieser Besuch einen nachhaltig guten Eindruck auf alle Beteiligten gemacht haben. Vor allem das Schulprojekt ,,Instituto Rainer Sanchez“ habe eine sehr positive Resonanz gezeigt.
Das zweite erfreuliche Ereignis war der fast gleichzeitige Besuch der,,Zweiten Dame“ des Landes, der Gattin des Präsidenten, in unserer Kindertagesstätte ,,Lomas de Santa Faz“ im sozialen Brennpunkt und besonders gefährlichen Bezirk 18 von Guatemala-Stadt. Sie war
offenbar sehr beeindruckt von der außergewöhnlich guten Arbeit und dem Engagement der dort beschäftigten Frauen und lobte die Einrichtung mit der Feststellung, sie sei eine der besten im gesamten Land Guatemala.
Jeder und jede von Ihnen und Euch ist in dieses Lob eingeschlossen. Ohne Eure Hilfe wären diese Erlolge nicht möglich gewesen. Herzlichen Dank von mir und allen meinen Mitarbeitern.

Ab jetzt zitiere ich in der Übersetzung ein Schreiben unseres Freundes und Leiters von CAFNIMA, des Arztes Dr. Christian Aponte:
„Die Mülldeponie ist ein tief eingeschnittenes Tal von einer zweistelligen Hektar Grösse inmitten der Millionenstadt Guatemala-City. Sie erhält den Abfall aus dem Großraum der Stadt und Umgebung. Das Gelände ist terassenförmig aufgebaut und wird auf verschiedenen Höhen gleichzeitig verfüllt. Dabei können zwischen der tiefsten und der höchsten Stufe bis zu 300 Meter Höhenunterschied existieren. Seit 1956 wird die Deponie verfüllt und bietet heute bis zu 10.000 Personen Arbeit durch Sammeln von Wertstoffen, deren Sortieren und
dem anschließenden Verkauf. In Guatemala gibt es keine Trennung von Materialien wie Metall, Plastik, Papier, Schuhen, Spielzeug, Glas oder anderen Produkten. Das Sammeln auf der Deponie erfolgt hierarchisch. Das heißt, auf den oberen Terassen arbeiten Sammler mit einer staatlichen Lizenz. Je weiter unten, desto jünger werden die Sammler bis zur untersten Stufe, wo die Jüngsten arbeiten, die aufgrund ihres Alters keine Lizenz bekommen, aber dennoch zum Lebensunterhalt der Familien beitragen müssen. Wenn ein Teil der Deponie bis auf Straßenniveau verfüllt ist, wird das Gelände durch den Staat verkauft, diesmal an eine englischstämmige sehr reiche Familie namens Mini, die das Gelände in Kleinstparzellen an die Armsten der Armen – die Müllsammler – verkauft.
Am 28. April 2016, gegen 12,30 schoss eine durch heftige Regenfülle ausgelöste riesige Schlammlawine durch den untersten Teil der Deponie und riss neben einer Planierraupe, einem vollbesetzten Mülllaster auch zwischen 100 und 200 dort tätige jugendliche Sammler mit sich. Das Video eines ähnlichen Ereignisses in 2012, wobei jedoch nur 4 Personen starben, kann auf http://picasa.google.com/ verfolgt werden. Das jetzige Ereignis war um ein Vielfaches stärker. Von den jetzt Fortgeschwemmten konnten lediglich 4 Tote und 19 Verletzte geborgen werden, der Rest verschwand auf immer, unter ihnen FRANCISCO GALLEGO, 15 Jahre alt, Student im Instituto R.S., Sekundarstufe, 8. Klasse. Mit ihm starben der Vater eines unserer Kindergartenkinder sowie der Großvaler eines weiteren unserer Studenten. Francisco war der älteste Sohn einer Maya-Familie, die aus Nebaj nach Guatemala-Stadt zugewandert war, auf der Suche nach einem besseren Leben. Franciscos Eltem arbeiteten ebenfalls auf der Deponie, allerdings als Inhaber einer staatlichen Lizenz auf einem höheren Niveau. Francisco war ein bescheidener und sehr freundlicher junger Mensch. Er repräsentierte die hart arbeitende ärmste Schicht Guatemalas, um sich ein menschenwürdiges Leben zu erwerben. Ihr ward Teil seines Lebens, seiner Hoffnung und Zeugen einer ungerechten Gesellschaft und Marginalisierung der indigenen Bevölkerung Guatemalas. Gott segne Francisco im Himmel, Francisco’s Familie und Euch alle.“
Soweit Christian Apontes Bericht. Er fährt jedoch fort:
„Aktuell benötigen die Helfer von CAFMMA einige Zeit, um mit Hilfe der Bewohnerkommites einen Status über Opfer, deren Angehörige und entstandene Schäden zu erheben. Hierbei fokussiert sich die Akuthilfe auf etwa 160 Familien, die besonderer Hilfe bedürfen. Wir möchten den Kommites helfen, die Terrains zu planieren, damit sie sich nicht bei jedem Regen in Schlammwüsten verwandeln, Mauem und Dächer zu reparieren, Abwässerkanäle, Frischwasserversorgung und Latrinen zu erstellen und ihnen legalen Schutz vermitteln,
damit ihnen ihre eh schon miserablen Unterkünfte aus Wellblech, Plastikplanen, Abfallholz und ähnlichem nicht streitig gemacht werden können. Wir schätzen den ersten finanziellen Bedarf auf  15 – 20.000 Dollar für das notwendige Material. Dürfen wir Sie und Euch um Unterstützung bitten? Danke für Eure Solidarität.
Christian Aponte“
Soweit unser Freund und Partner in Guatemala. Können wir uns angesichts dieser Ereignisse diesem Wunsch verschließen? Auch im Hinblick auf die Bescheidenheit der Bitte:
Das macht pro betroffener Familie gerade einmal 100 Dollar aus. Ich bitte auch im Namen meiner Mitarbeiter um Ihre und Eure Solidarität.
Ganz herzliche Grüße,

Rainer Sanchez